aber noch kann der Fuchs nicht da hindurch, und hier wohnt niemand als eine alte Frau, die wahrhaftig keine Kräfte hat, um jemand gefangen zu nehmen. Aber wer seid ihr denn?« fuhr sie fort, indem sie sich in ihrem Stand umdrehte, um die Neuangekommenen zu sehen. – »Ich bin Niels Holgersen aus West-Bemmenhög; ich bin in einen Kobold verwandelt,« erwiderte der erste der Eintretenden. »Und ich habe eine zahme Gans bei mir, auf der ich zu reiten pflege, und eine Graugans.« – »So seltener Besuch ist noch nie über meine Schwelle gekommen,« sagte die Kuh, »und ihr sollt willkommen sein, wenn ich auch lieber gesehen hätte, daß es meine Herrin gewesen wäre, die käme, um mir mein Abendbrot zu geben.«

Der Junge half nun den Gänsen in den Kuhstall hinein, der ziemlich groß war und stellte sie in einen leeren Stand, wo sie augenblicklich einschliefen. Sich selbst machte er ein kleines Bett aus Stroh und hoffte, daß er bald ihrem Beispiel folgen würde.

Aber daraus wurde nun nichts, denn die arme Kuh, die ihr Abendbrot nicht bekommen hatte, konnte keinen Augenblick ruhig sein. Sie rüttelte an der Halskette, bewegte sich in dem Stand hin und her und klagte, daß sie so hungrig sei. Der Junge vermochte kein Auge zu schließen, er lag da und nahm in Gedanken alles durch, was ihm in den letzten Tagen begegnet war.

Er dachte an das Gänsemädchen Aase und an den kleinen Mads, denen er so unverhofft begegnet war, und er ward sich klar darüber, daß das kleine Haus, das er unversehens in Brand gesteckt hatte, ihr altes Heim in Smaaland sein müßte.

Er konnte sich ja auch entsinnen, daß sie ihm von genau so einem Hause und von der großen Heide rings umher erzählt hatten. Nun waren sie daher gewandert, um ihr Heim wiederzusehen, und als sie es erreicht hatten, stand es in hellen Flammen! Es war ja ein großer Kummer, den er ihnen bereitet hatte, und es tat ihm sehr leid. Wenn er jemals wieder ein Mensch wurde, mußte er versuchen, ihnen das Leid und den Schmerz zu vergüten.

Dann wanderten seine Gedanken zu den Krähen, und als er an Fumle-Drumle dachte, der ihm das Leben gerettet hatte und der so bald, nachdem er zum Häuptling gewählt war, den Tod erleiden mußte, wurde er so traurig, daß ihm Tränen in die Augen traten.

Die letzten Tage waren hart für ihn gewesen, aber ein großes Glück war es doch, daß der Gänserich und Daunenfein ihn aufgespürt hatten.

Der Gänserich erzählte, daß, sobald die wilden Gänse sein Verschwinden bemerkt hatten, sie alle die kleinen Tiere im Walde nach ihm ausfragten. So erfuhren sie denn bald, daß er von einer Schar wilder Krähen aus Smaaland entführt worden war. Aber die Krähen waren schon außer Sicht, und niemand konnte sagen, welchen Kurs sie genommen hatten. Um den Jungen so schnell wie möglich zu finden, hatte Akka alsdann den wilden Gänsen befohlen, immer zu zweien nach verschiedenen Seiten auszufliegen, um nach ihm zu suchen. Aber, sie mochten ihn nun gefunden haben oder nicht, nachdem sie zwei Tage gesucht, sollten sie alle im nordwestlichen Smaaland auf einem hohen Berggipfel zusammentreffen, der einem stumpfen Turm glich, und der Taberg hieß. Und nachdem Akka sie die besten Wegezeichen gelehrt und ihnen genau beschrieben hatte, wie sie den Taberg finden würden, trennten sie sich.

Der weiße Gänserich hatte Daunenfein zur Reisegefährtin erwählt, und sie flogen in großer Angst um Däumling von einem Ort zum andern. Wählend sie so umherstreiften, hörten sie eine Drossel, die in einem Baumwipfel saß, schelten und schmähen, daß einer, der Krähenraub hieß, sich über sie lustig gemacht hatte. Sie hatten sich mit der Drossel in eine Unterhaltung eingelassen, und sie hatte ihnen gezeigt, nach welcher Seite dieser Krähenraub geflogen war. Nach einer Weile trafen sie einen Täuberich, einen Star und eine Stockente, die sich alle über einen boshaften Wicht beklagten, der sie in ihrem Gesang gestört hatte, und der Krähenraub, Krähengestohlen und Krähendiebstahl hieß. Auf die Weise konnten sie Däumlings Spur bis hinab nach der Heide in der Sunnerboer Harde verfolgen.

Sobald der Gänserich und Daunenfein Däumling gefunden hatten, zogen sie gen Norden weiter, um nach dem Taberge zu kommen. Aber es war ein langer Weg, und die Dunkelheit überraschte sie, ehe der Berggipfel in Sicht kam. »Wenn wir nur morgen dahingelangen, hat alle Sorge ein Ende,« dachte der Junge und bohrte sich tief ins Stroh hinein, um wärmer zu liegen.

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