hören, wie die Räder auf den Schienen rasselten, aber der Zug rührte sich nicht. Die Wälder glitten an ihm vorbei, die Bahnwärterhäuschen glitten daran vorüber, Schlagbäume und Telegraphenstangen glitten vorüber, aber der Zug stand still. Ein breiter Elf mit einer langen Brücke kam ihm entgegen, aber der Elf und die Brücke glitten ohne die geringste Schwierigkeit unter dem Zuge durch. Schließlich kam ein Bahnhof dahergelaufen. Der Stationsvorsteher stand mit seiner roten Fahne in der Hand auf dem Bahnsteig lind glitt ganz langsam an den Zug heran. Als er die kleine Fahne schwenkte, entsandte die Lokomotive einige Rauchwirbel in die Luft, die noch schwärzer waren als vorher, und pfiff jämmerlich, als wolle sie sich darüber beklagen, daß sie nicht vorwärtskommen könne. Aber im selben Augenblick fing sie an zu gehen. Ebenso wie der Bahnhof und all das andere glitt sie südwärts dahin, Der Junge sah, wie die Wagentüren geöffnet wurden und die Reisenden ausstiegen, während sich sowohl der Zug, als auch die Reisenden in südlicher Richtung weiter bewegten. Da aber wandte Niels Holgersen seine Augen von der Erde ab und versuchte geradeaus zu sehen. Er hatte ein Gefühl, als werde er ganz schwindlig, wenn er diesen wunderlichen Eisenbahnzug ansah.

Als jedoch der Junge eine Weile dagesessen und eine kleine weiße Wolke angestarrt hatte, wurde er auch davon müde und sah wieder hinunter. Noch immer war es, als wenn er und der Adler sich nicht bewegten, während alles andere südwärts sauste. Wie er da so auf dem Rücken des Adlers saß und zu seiner Unterhaltung nichts hatte als seine eigenen Gedanken, schien es ihm spaßhaft zu denken, wie es sein würde, wenn ganz Västerbotten in Bewegung geriet und gen Süden zog. Wenn nun das Feld, das gerade in diesem Augenblick unter ihm dahinglitt, und das wohl eben erst bestellt war, denn er konnte nicht einen einzigen grünen Halm darauf erblicken, – nach der Südebene in Schonen hinuntersauste, wo der Roggen um diese Zeit schon Ähren angesetzt hatte!

Die Tannenwälder sahen hier oben ganz anders aus. Die Bäume standen weit auseinander, die Zweige waren kurz, die Nadeln waren fast schwarz, viele Bäume waren an den Wipfeln verdorrt und sahen krank aus. Die Erde unter ihnen war mit alten Stämmen bedeckt, die wegzuschaffen sich niemand die Mühe gemacht hatte. Wenn nun ein solcher Wald so weit käme, daß er den Kolmården sehen konnte! Da würde er sich gewiß sehr ärmlich vorkommen.

Und der Garten, den er jetzt unter sich sah! Es waren schöne Bäume darin, aber weder Obstbäume noch edle Linden und Kastanien, nur Ebereschen und Birken. Es waren schöne Büsche darin, aber weder Goldregen noch Flieder, nur Faulbäume und Hollunder. Gemüsebeete waren auch da, aber sie waren noch nicht umgegraben und bepflanzt. Wenn nun so ein Küchengarten ganz nach einem Schloßgarten in Sörmland angefahren käme! Da würde er sicher von sich selbst denken, daß er nichts weiter sei als eine Einöde.

Oder die Wiese dort, die mit so vielen kleinen, grauen Scheunen bedeckt war, daß man glauben sollte, die halbe Erde sei zu Bauplätzen geworden! Wenn die nach der Ostgötaebene hinunter triebe, da würden alle Bäume dort unten wahrlich große Augen machen.

Aber wenn das große Moos, das nun unter ihm lag, ganz mit Fichten bewachsen wäre, die nicht steif und kerzengerade daständen wie in gewöhnlichen Wäldern, sondern buschige Zweige und üppige Kronen hätten und sich in anmutigen Gruppen auf dem schönsten Teppich aus Weißem Renntiermoos aufgestellt hätten, wenn dies Moos dann den Weg nach dem Ovedkloster-Park hinab einschlüge, da würde der prächtige Park schon einräumen müssen, daß er seinesgleichen gefunden habe.

Und wenn die hölzerne Kirche da unten unter ihm mit ihren mit rotem Holz bekleideten Wänden, mit dem buntbemalten Glockenturm und mit einer ganzen kleinen Stadt von grauen »Kirchenbuden« daneben an einer der gotländischen Kirchen mit ihren dicken Ziegelsteinmauern vorbeigesaust kämen! Die mußten einander wirklich viel zu erzählen haben.

Aber der Stolz und die Ehre der ganzen Landschaft waren die gewaltigen, finsteren Elfe mit ihren prächtigen Tälern voll von Höfen, ihren Unmengen von Bauholz, ihren Sägewerken, ihren Städten mit dem Gewimmel von Dampfschiffen an den Mündungen. Ließ sich so ein Elf unten im Lande blicken, so würden alle Bäche und Elfe südlich vom Dalelf vor Scham in die Erde versinken.

Und wenn so eine unermeßlich große Ebene, die so gut gelegen und so leicht zu bebauen war, vor den Augen der armen Bauern in Småland dahergeglitten käme! Da würden sie von ihren mageren Grundstücken und den kleinen, steinigen Äckern herbeigestürzt kommen, um sie zu roden und zu bestellen.

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