durch ein Wunder verzaubert. Überall glitzerte und funkelte es von reinstem Silber, tausend helle Perlen leuchteten matt und selig im Gras, das in der Ferne wie unter feinen Schleiern lag, die Stämme der Birken und die schlafenden Blätter waren mit Silber übermalt. Und alles umher, und in der stillen, seligen Weite, war in ein sanftes blaues Licht gehüllt.

„Das ist die Nacht, das kann nur die Nacht sein“, flüsterte die kleine Maja und faltete die Hände.

Am hohen Himmel, ein wenig verhüllt durch die Blätter eines Buchenastes, stand eine volle, klare Silberscheibe, von der das Licht niedersank, das die ganze Welt verschönte. Erst nun erkannte Maja, daß um den Mond her eine unzählige Menge heller harter Lichtlein am Himmel brannten, schöner und stiller als alles, was sie jemals an Glanz gesehen hatte. Sie wußte nicht, was sie tun sollte vor Glück, daß sie die Nacht, den Mond und die Sterne und ihre lieblichen Wunder erlebte. Sie hatte von alledem nur gehört und niemals recht daran geglaubt.

Da vernahm sie wieder in ihrer Nähe ganz laut und weithin schallend den seltsamen Nachtgesang, der sie geweckt haben mußte. Es war ein schwingendes Zirpen in einem hellen Silberton, fast hätte man glauben können, daß das Licht vom Mond im Niederrieseln dies Klingen mit sich brachte. Sie schaute sich um und suchte nach der Ursache, aber im heimlichen Widerspiel von Licht und Schatten war es sehr schwer, etwas deutlich zu erkennen; alles war geheimnisvoll verhüllt und doch so wahr und heldenhaft schön.

Es hielt die kleine Maja nicht länger in ihrem Versteck, sie mußte hinaus in diese neue Pracht der Welt. Der liebe Gott wird mich behüten, dachte sie, ich habe ja nichts Böses vor.

Eben wollte sie davonfliegen, um in das blaue Licht über der Wiese zu kommen, auf die der volle Mond schien, als sie dicht in ihrer Nähe auf einem Buchenblatt ein kleines geflügeltes Tier ankommen sah, das sie noch niemals gesehen hatte. Und unmittelbar nachdem es angelangt war, richtete es sich auf gegen den Mond, hob den einen schmalen Flügel ein wenig und zog dann mit raschen Strichen sein Beinchen am Rand des Flügels auf und nieder. Es sah aus, als geigte es auf einer versteckten Geige, und richtig entstand jener zirpende Silberton, der die ganze Mondnacht füllte.

„Entzückend,“ flüsterte Maja, „nein, so was ist einfach himmlisch.“

Sie flog rasch hinüber. Die Sommernacht war lau und milde, so daß die kleine Biene nicht spürte, daß es kühler als am Tage war. Als sie auf dem Blatt bei der Fremden anlangte, brach diese jählings ihr Spiel ab, es schien Maja, als sei es noch nie so still gewesen wie nun. Es war gradezu unheimlich. Durch die dunklen Blätter rieselte das weiße, kühle Licht.

„Gute Nacht“, sagte die kleine Maja sehr höflich, denn sie dachte, man müßte ebenso in der Nacht grüßen, wie man es am Tage tut, und sie fügte rasch hinzu. „Entschuldigen Sie, bitte, daß ich störe, aber Ihr Spiel hat etwas so Anziehendes, wenn man es hört, muß man dem Klang nachgehen.“

Die Fremde schaute Maja mit großen Augen an:

„Was sind denn Sie für ein Krabbeltier?“ fragte sie endlich. „So was hab ich noch nie gesehen.“

„Ich bin durchaus kein Krabbeltier,“ sagte die Biene ernst, „ich bin Maja vom Volk der Bienen.“

„Ach, vom Volk der Bienen, so, so ...“, sagte die Fremde. „Sie leben am Tage, nicht wahr? Ich habe durch den Igel von Ihrem Geschlecht gehört. Er erzählte mir, daß er am Abend die Toten fräße, die aus Ihrem Stock geworfen werden.“

„Ja,“ sagte Maja mit leisem Bangen, „das ist wahr, Kassandra hat mir davon erzählt, der Igel kommt in der Abenddämmerung, er schmatzt und sucht die Toten. Die Wächter haben es erzählt. Aber verkehren Sie denn mit dem Igel? Der Igel ist doch ein gradezu fürchterliches Untier.“

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