Gerade als er an einer kleinen Tagelöhnerwohnung vorüber kam, hörte er eine Gans gackern und sah eine kleine weiße Daune auf der Treppe liegen. Da war er, da war der Gänserich! Er war auf falscher Spur gewesen. Er dachte nicht mehr an Mägde und Knechte, die hinter ihm selber dreinjagten, sondern krabbelte die Treppe hinauf und lief auf den Flur. Weiter konnte er nicht kommen, denn die Tür war geschlossen. Er konnte den Gänserich da drinnen schreien und jammern hören, aber es war ihm nicht möglich, die Tür aufzubekommen. Die wilde Jagd, die hinter ihm her war, kam immer näher, und da drinnen in der Stube schrie der Gänserich immer jammervoller. In dieser höchsten Not faßte der Knirps schließlich Mut und donnerte aus Leibeskräften gegen die Tür.

Ein Kind kam und öffnete, und der Knirps sah sich in der Stube um. Mitten darin saß eine Frau, die den Gänserich festhielt, um ihm die Schwungfedern abzuschneiden. Ihre Kinder hatten den Gänserich gefunden, und sie wollte ihm kein Leides tun.

Sie wollte ihn nur zu ihren eigenen Gänsen hinauslassen, sobald sie ihm die Flügel gestutzt hatte, damit er nicht davonfliegen konnte. Aber es konnte dem Gänserich ja kein größeres Unglück widerfahren, und er schrie und jammerte aus Leibeskräften.

Ein Glück war es, daß die Frau nicht früher angefangen hatte zu schneiden. Jetzt waren nur zwei Federn vor der Schere gefallen, als die Tür aufging und der kleine Knirps auf der Schwelle stand. Aber so einen hatte die Frau noch nie im Leben gesehen. Sie konnte sich nichts anderes denken, als daß es der Koboldenvater in eigener Person sei, und vor Schrecken ließ sie die Schere fallen, schlug die Hände zusammen und vergaß, den Gänserich festzuhalten.

Sobald der sich frei fühlte, lief er nach der Tür. Er ließ sich keine Zeit, still zu stehen, packte aber in der Eile den Knirps beim Hemdbund und nahm ihn mit. Und auf der Treppe breitete er die Flügel aus und hub sich in die Luft empor. Gleichzeitig machte er eine flotte Bewegung mit dem Halse und setzte den Knirps auf seinen glatten Rücken hinauf.

So ging es mit ihnen dahin, in die Luft hinauf, und ganz Vittskövle stand da und starrte ihnen nach.

Im Park von Övedkloster.

Den ganzen Tag, während die Gänse mit dem Fuchs spielten, lag der Junge in einem leeren Eichhörnchennest und schlief. Als er gegen Abend erwachte, war er sehr bekümmert: »Jetzt werde ich bald nach Hause geschickt, und dann läßt es sich ja nicht vermeiden, daß ich mich vor Vater und Mutter sehen lassen muß,« dachte er.

Aber als er die wilden Gänse fand, die auf dem Vombsee lagen und schwammen, sagte keine von ihnen ein Wort davon, daß er fort solle. »Sie finden am Ende, daß der Weiße zu müde ist, um heute abend mit mir nach Hause zu fliegen,« dachte der Junge.

Am nächsten Morgen erwachten die Gänse beim ersten Tagesgrauen, lange vor Sonnenaufgang. Jetzt war der Junge fest überzeugt, daß die Heimreise vor sich gehen müsse, aber sonderbarerweise erhielten der weiße Gänserich und er Erlaubnis, die wilden Gänse auf ihrem Morgenausflug zu begleiten. Der Junge konnte gar nicht begreifen, was der Grund zu dem Aufschub war, aber dann fiel ihm ein, daß die wilden Gänse den Gänserich wohl nicht auf eine weite Reise schicken wollten, ehe er sich ordentlich satt gegessen hatte. Was nun der Grund auch sein mochte, er freute sich über jede Stunde, die verging, ehe er gezwungen war, seine Eltern wiederzusehen.

Die wilden Gänse flogen über das Schloß Övedkloster, das in einem herrlichen Park östlich vom See lag und sich prächtig ausnahm mit seinem schönen, gepflasterten Burghof, umgeben von niedrigen Mauern und Pavillons und seinem feinen, altmodischen Garten mit beschnittenen Hecken, geschlossenen Alleen, Teichen, Springbrunnen, schönen Bäumen und geradlinigen Rasenflächen, die mit bunten Frühlingsblumen eingefaßt waren.

Als die wilden Gänse in der frühen Morgenstunde über das Schloß flogen, war noch kein Mensch auf den Beinen. Nachdem sie sich hierüber sorgfältig vergewissert hatten, ließen sie sich über das Hundehaus herniederschweben und riefen: »Was ist das für eine kleine Hütte? Was ist das für eine kleine Hütte?«

Augenblicklich kam der Kettenhund aus seinem Haus, wütend und zornig, und bellte in die Luft hinauf.

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