Da begriff der Junge, daß das, was er sah, eine Grube war. Er war ein wenig enttäuscht, denn er hatte gedacht, eine Grube müsse auf einem hohen Berg liegen, diese aber lag auf der flachen Erde zwischen zwei Bergrücken.

Bald ließen sie sie hinter sich, und der Junge saß wieder da und starrte geradeaus, denn die tannenbewaldeten Bergrücken und die Birkenhaine, die unter ihm lagen, meinte er schon so häufig gesehen zu haben. Da merkte er, daß eine starke Wärme von der Erde zu ihm hinaufschlug, und sogleich mußte er hinabgucken, um zu sehen, woher sie kam.

Unter ihm lagen große Haufen aus Kohle und Erz, und mitten dazwischen stand ein hohes, achteckiges, rotgestrichenes Gebäude, das ein helles Flammenbündel zum Himmel emporsandte.

Anfänglich glaubte der Junge, daß es eine Feuersbrunst sei, da aber sah er, daß die Leute da unten ganz ruhig umhergingen, ohne sich auch nur das geringste um das Feuer zu kümmern, und nun konnte er nicht begreifen, wie das zusammenhing.

»Was für ein Ort ist dies, wo sich niemand darum kümmert, daß ein Haus in hellen Flammen steht?« rief der Junge hinab.

»So ein Feigling! hat Angst vor dem Feuer!« zwitscherten die Buchfinken, die am Waldessaum wohnten und von allem, was sich in der Nachbarschaft zutrug, genau Bescheid wußten. »Er weiß nicht, wie das Eisen aus dem Erz herausgeschmolzen wird. Er kennt nicht den Unterschied zwischen dem Feuer aus einem Schmelzofen und einer Feuersbrunst!«

Bald ließen sie den Schmelzofen hinter sich, und wieder saß der Junge da und sah gerade vor sich hin, denn er glaubte, daß in dieser Waldgegend nicht viel zu sehen sei. Aber sie waren noch nicht weit geflogen, als er unten von der Erde einen fürchterlichen Lärm und Spektakel aufsteigen hörte.

Als er hinabsah, erblickte er erst einen kleinen Bach, der mit starkem Gefälle eine Bergwand hinabstürzte. Neben dem Wasserfall lag ein großes Gebäude mit schwarzem Dach und hohem Schornstein, der einen dicken, mit Funken vermischten Rauch entsandte. Vor dem Gebäude lagen Eisenklumpen und Eisenstangen und ganze Berge von Kohlen. Die Erde war in weitem Umkreis schwarz, und nach allen Seiten gingen schwarze Wege. Aus dem Gebäude ertönte ein unbeschreiblicher Lärm. Es bullerte und prustete. Es klang, als wenn jemand mit starken Schlägen versuchte, sich gegen ein fauchendes, wildes Tier zu verteidigen. Aber das Sonderbare war, daß niemand sich darum kümmerte, was da vor sich ging. Eine Strecke weiter lagen Arbeiterwohnungen unter grünen Bäumen, und noch ein wenig weiter ragte ein großes, weißes Herrenhaus auf. Aber vor den Arbeiterwohnungen spielten die Kinder ganz ruhig, und in der Allee, die zu dem Herrenhaus hinaufführte, gingen Leute in höchster Gemütsruhe.

»Was für ein Ort ist dies, wo sich niemand darum kümmert, daß die da im Hause einander totschlagen?« rief der Junge auf die Erde hinab.

»Hak, ak, ak! Weiß der aber gut Bescheid! Hak, ak, ak!« schnatterte eine Elster. »Da wird niemand in Stücke zerrissen. Es ist das Eisen, das siedet und sprüht, wenn es unter den Hammer gelegt wird.«

Bald ließen sie das Eisenwerk hinter sich, und der Junge saß wieder da und sah geradeaus, denn er dachte, hier in der Waldgegend könne nicht viel zu sehen sein.

Als sie eine Weile geflogen waren, hörte er eine Glocke läuten, und er mußte noch einmal hinabgucken, um zu sehen, woher der Ton kam.

Da sah er unter sich einen Bauerhof, wie er nie etwas Ähnliches gesehen hatte. Das Wohnhaus war ein langes, rotgestrichenes, einstöckiges Gebäude, und es war nicht so übermäßig groß, aber was ihn in Erstaunen versetzte, das waren alle die großen, gutgebauten Wirtschaftsgebäude, die es umgaben. Der Junge wußte ungefähr, wie viele Wirtschaftsgebäude zu einem Hofe gehören, aber hier hatten sie offenbar das Doppelte oder Dreidoppelte von allem. So einen Überfluß von Gebäuden hatte er sich nicht träumen lassen. Und er konnte auch nicht begreifen, was darin aufgehoben werden sollte, denn da waren fast gar keine Felder in der Nähe des Hofes. Er sah einige kleine Felder drinnen im Walde, aber teils waren sie so klein, daß er sie kaum Felder nennen würde, teils war schon auf einem jeden eine Scheune, um aufzunehmen, was da geerntet werden konnte.

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