Haben sie alle ihre Plätze eingenommen, so fangen sie an, sich nach den Vögeln umzusehen. An dem Tage pflegt immer gutes Wetter zu sein. Die Kraniche sind vorzügliche Wetterpropheten und würden die Tiere nicht zusammenrufen, falls Regen zu erwarten wäre. Aber obwohl die Luft klar ist, und nichts die Aussicht behindert, sehen die vierfüßigen Tiere doch keine Vögel. Das ist sehr sonderbar. Die Sonne steht hoch am Himmel, und die Vögel müßten bereits unterwegs sein.
Die Tiere auf dem Kullaberge bemerken aber hier und da eine kleine Wolke, die langsam über die Ebene hingleitet. Und siehe! Eine von diesen Wolken steuert jetzt plötzlich an der Küste des Öresunds entlang, nach dem Kullaberge hinauf. Als die Wolke gerade über dem Spielplatz angelangt ist, bleibt sie stehen, und im selben Augenblick fängt die ganze Wolke an zu klingen und zu zwitschern, als bestünde sie nur aus Tönen. Sie steigt und sinkt, steigt und sinkt, aber während der ganzen Zeit klingt und zwitschert sie. Schließlich fällt die ganze Wolke auf eine Bergkuppe nieder, die ganze Wolke auf einmal, und einen Augenblick später ist die Bergkuppe ganz verdeckt von grauen Lerchen, hübschen rot-grau-weißen Buchfinken, metallglänzenden Staren und gelbgrünen Meisen.
Gleich darauf kommt noch eine Wolke über die Ebene hingetrieben. Sie macht halt über jedem Gehöft, über den Häuslereien und den Herrensitzen, über kleinen Städten und großen Städten, über Bauernhöfen und Eisenbahnstationen, über Fischerdörfern und Zuckerfabriken. Jedesmal, wenn sie halt macht, saugt sie von den Gebäuden unten auf der Erde eine kleine, in die Höhe wirbelnde Wolke aus kleinen, grauen Staubkörnchen auf. Auf diese Weise wächst und wächst sie, und als sie endlich gesammelt ist und auf den Kullaberg zusteuert, ist sie keine einzelne Wolke mehr, sondern eine ganze Wolkendecke, die so groß ist, daß sie einen Schatten auf die Erde wirft, der von Höganäs bis Mölle reicht. Als sie über dem Spielplatz halt macht, verbirgt sie die Sonne, und lange müssen Spatzen auf eine der Bergkuppen herabregnen, ehe diejenigen, die sich im Innersten der Wolkendecke befinden, wieder einen Schimmer des Tageslichts zu sehen bekommen.
Aber die größte von diesen Vogelwolken ist doch die, die jetzt sichtbar wird. Sie ist aus Scharen gebildet, die von überall her geflogen kommen und sich ihr angeschlossen haben. Sie ist schwer blaugrau, und nicht ein Sonnenstrahl kann sie durchdringen. Sie nahet finster und schreckeinjagend wie eine Gewitterwolke. Sie ist angefüllt mit dem scheußlichsten Lärm, dem unglückverheißendsten Hohnlachen. Alle unten auf dem Spielplatz freuen sich, als sie sich endlich in einen Regen von flügelschlagenden und krächzenden Krähen und Raben und Dohlen und Saatkrähen auflöst.
Dann erscheinen am Himmel nicht nur Wolken allein, sondern eine Menge verschiedener Striche und Zeichen, gerade punktierte Linien im Osten und Nordosten. Das sind Waldvögel aus den Göinger Harden: Birkhähne und Auerhähne, die in langen Reihen in einem drei Ellen weiten Abstand voneinander geflogen kommen. Und die Schwimmvögel, die auf Maakläppen vor Falsterbo nisten, kommen jetzt in vielen wunderlichen Flugordnungen über den Öresund dahergeschwebt: in Dreiecken und in langen Winkeln, in schiefen Haken und in Halbkreisen.
Zu der großen Versammlung, die in dem Jahr stattfand, als Niels Holgersen mit den wilden Gänsen umherflog, kamen Akka und ihre Schar später als alle die andern, und darüber konnte man sich nicht verwundern, denn Akka war über ganz Schonen geflogen, um nach dem Kullaberg zu gelangen. Außerdem hatte sie, sobald sie am Morgen erwachte, ausfliegen müssen, um nach Däumling zu suchen; der war viele Stunden lang gewandert und hatte den grauen Ratten auf der Flöte vorgespielt, um sie weit von Glimminghaus wegzulocken. Der Eulenvater war mit der Nachricht heimgekehrt, daß die schwarzen Ratten gleich nach Sonnenaufgang wieder daheim sein würden, und so war denn keine Gefahr mehr, wenn man die Flöte der Turmeule verstummen und die grauen Ratten laufen ließ, wohin es ihnen beliebte.
Aber nicht Akka entdeckte den Jungen, wie er da mit seinem großen Gefolge ging, nicht sie ließ sich schnell zu ihm herab, packte ihn mit dem Schnabel und schwebte mit ihm in die Luft empor, nein, das alles tat Herr Langbein, der Storch. Denn Herr Langbein hatte sich ebenfalls aufgemacht, um nach ihm zu suchen, und hinterher, als er ihn in das Storchennest hinaufgebracht hatte, bat er ihn um Verzeihung, weil er ihn am Abend zuvor mit Geringschätzung behandelt hatte.
Darüber freute sich der Junge sehr, und der Storch und er wurden gute Freunde. Akka war auch sehr freundlich gegen ihn, scheuerte ihren alten Kopf mehrmals an seinem Arm und lobte ihn, weil er denen geholfen hatte, die in Not waren.
Der große Kranichtanz auf dem Kullaberge
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