Der Holzwärter trug das Kalb nach Hause und setzte es in einen Stand im Stall. Dann mußte er Hilfe herbeiholen, um die tote Elchkuh aus dem Moor zu ziehen, und erst als das alles besorgt war, fiel ihm ein, daß er ja Karr erschießen sollte. Er rief den Hund, der ihm die ganze Zeit gefolgt war, und ging wieder mit ihm in den Wald.
Der Holzwärter schlug den Weg nach dem Hundegrabe ein, ehe er aber noch angelangt war, kam er auf andere Gedanken, denn plötzlich kehrte er um und ging auf den Herrenhof zu.
Karr war ihm ganz still gefolgt, als aber der Holzwärter umkehrte und nach seinem alten Heim ging, wurde er unruhig. Sicher hatte der Holzwärter ausfindig gemacht, daß er die Elchkuh umgebracht hatte, und nun sollte er nach dem Herrenhof, um seine Strafe in Empfang zu nehmen, ehe er starb.
Aber Prügel zu kriegen, war das Schlimmste, was Karr sich denken konnte, und bei dieser Aussicht vermochte er den Mut nicht aufrecht zu halten. Er ließ den Kopf hängen, und als er auf den Hof kam, sah er nicht auf, sondern tat so, als kenne er niemand.
Der Gutsbesitzer stand auf der Treppe, als der Holzwärter daherkam. »Was in aller Welt ist das für ein Hund, mit dem Sie da kommen, Holzwärter?« sagte er. »Es ist doch wohl nicht Karr? Der muß doch schon längst erschossen sein.« Da erzählte der Holzwärter von den Elchen, und Karr machte sich so klein, wie er nur konnte, und kroch hinter den Beinen des Holzwärters zusammen, als wolle er sich verstecken.
Aber der Holzwärter erzählte die Geschichte nicht so, wie Karr es erwartet hatte. Er konnte nicht genug Worte des Lobes für Karr finden. Er sagte, der Hund habe offenbar gewußt, daß die Elche in Not seien, und habe sie retten wollen. »Der Knecht muß ja tun, was der Herr will, ich kann den Hund aber nicht totschießen,« schloß der Holzwärter seinen Bericht.
Der Hund erhob sich und spitzte die Ohren. Er wollte kaum glauben, daß er recht gehört hatte. Obwohl er ungern verraten wollte, wie bange er gewesen war, konnte er sich nicht enthalten, ein klein wenig zu bellen. War es wirklich möglich, daß er am Leben bleiben durfte, nur weil er um die Elche besorgt gewesen war?
Der Gutsbesitzer fand auch, daß Karr sich gut benommen hatte, da er ihn aber unter keinen Umständen wieder haben wollte, wußte er nicht gleich, was er sagen sollte. »Ja, wenn Sie sich seiner annehmen wollen, Holzwärter, und dafür einstehen wollen, daß er sich besser schickt als bisher, so mag er leben,« sagte er endlich. Dazu war der Holzwärter bereit, und so ging es zu, daß Karr zum Holzwärter kam.
Graufells Flucht.
Von dem Tage an, als Karr zum Holzwärter kam, ließ er die unerlaubte Jagd im Walde ganz nach. Nicht daß er bange geworden wäre, sondern vielmehr weil er nicht wollte, daß der Holzwärter böse auf ihn werden sollte. Denn seit der Holzwärter ihm das Leben gerettet hatte, liebte er ihn über alles in der Welt. Er hatte keinen anderen Gedanken, als ihm zu folgen und für ihn zu sorgen. Ging er aus, so lief Karr voraus und untersuchte den Weg, und saß er zu Hause, so lag Karr draußen vor der Tür und beobachtete jeden, der kam und ging.
Wenn im Holzwärterhäuschen alles still war, wenn man keinen Schritt auf dem Wege hörte, und Karrs Herr sich mit den kleinen Bäumen zu schaffen machte, die er im Küchengarten züchtete, vertrieb sich Karr die Zeit, indem er mit dem Elchkalb spielte.
Anfangs hatte Karr gar keine Lust, sich mit ihm abzugeben. Da er aber seinen Herrn überall hin begleitete, ging er auch mit ihm in den Stall hinaus, wenn der Holzwärter dem Elchkalb Milch gab; er saß dann vor dem Stand und sah das Kalb an. Der Waldhüter nannte das Kalb Graufell, denn er fand, es verdiene keinen feineren Namen, und darin stimmte Karr mit ihm überein. Jedesmal, wenn er das Kalb sah, meinte er, nie etwas gesehen zu haben, was so häßlich war und so schlecht zusammengesetzt. Es hatte lange schlackerige Beine, die wie ein Paar lose Stelzen unter dem Körper sahen. Der Kopf war groß und alt und runzelig, und immer hing er nach der einen Seite. Das Fell saß in Runzeln und Falten, als wenn es einen Pelz anbekommen hätte, der nicht für seinen Körper gemacht war. Es sah immer mutlos und mißmutig aus, aber, sonderbarerweise, richtete es sich schnell auf, sobald es Karr draußen vor dem Stand erblickte, als freue es sich, den Hund zu sehen.
Das Elchkalb wurde mit jedem Tag, der verging, elender, es wuchs nicht, und schließlich konnte es sich nicht einmal mehr aufrichten, wenn es Karr sah. Da sprang der Hund zu ihm in den Stand hinein, und auf einmal