Auf dem Heimwege war Karr in einer Stimmung, die nicht zu beschreiben ist. Er konnte nicht begreifen, daß Graufell sich von der elenden Natter vertreiben lassen wollte. Er hatte nie etwas Ähnliches erlebt. Welche Macht hatte denn so ein Hilflos?
Als Karr in diese Gedanken versunken dahintrottelte, gewahrte er den Holzwärter, der zu einem Baum hinaufzeigte. »Wonach siehst du?« fragte ein Mann, der neben ihm stand, – »Es ist Krankheit unter den Larven ausgebrochen,« sagte der Holzwärter. Karr war ungeheuer erstaunt, aber er war im Grunde noch mehr ärgerlich darüber, daß die Natter imstande gewesen war, Wort zu halten. Nun war Graufell wohl gezwungen, eine ewige Zeit wegzubleiben, denn diese Natter starb scheinbar nie.
Aber mitten in Karrs allergrößter Betrübnis fiel ihm etwas ein, das ihn ein wenig tröstete. »Vielleicht wird die Natter doch nicht alt,« dachte er, »immer kann sie doch nicht unter der Baumwurzel liegen! Sobald sie uns die Larven vom Halse geschafft hat, weiß ich jemand, der sie tot beißen wird!«
Es war wirklich Krankheit unter den Larven ausgebrochen, aber im ersten Sommer griff sie nicht sonderlich um sich. Sie hatte sich kaum gezeigt, als die Zeit kam, wo die Larven zu Puppen werden. Und aus den Puppen krochen Millionen von Schmetterlingen. Jede Nacht flogen sie wie ein Schneegestöber zwischen den Bäumen herum und legten eine unzählige Menge Eier. Im nächsten Jahr mußte man auf noch größere Zerstörungen vorbereitet sein.
Die Zerstörung kam, aber nicht nur über den Wald, sondern auch über die Larven selbst. Die Krankheit breitete sich schnell von dem einen Teil des Waldes auf den anderen aus. Die kranken Larven hörten auf zu fressen, krochen in die Wipfel der Bäume hinauf und starben. Es herrschte große Freude unter den Menschen, als sie sie sterben sahen, aber noch größere Freude herrschte unter den Tieren im Walde.
Karr, der Hund, ging Tag aus, Tag ein umher und dachte mit grimmiger Freude an den Tag, an dem er es verantworten konnte, Hilflos totzubeißen.
Aber die Larven hatten sich meilenweit über die benachbarten Wälder verbreitet, und auch in diesem Sommer erreichte die Krankheit sie nicht alle; viele blieben am Leben und wurden Puppen und Schmetterlinge.
Durch Zugvögel erhielt Karr Grüße von Graufell, er sei am Leben, und es gehe ihm gut. Aber die Vögel vertrauten Karr an, daß wiederholt Wilddiebe Graufell nach dem Leben getrachtet hatten, und daß er ihnen nur mit Müh und Not entkommen sei.
Karr lebte in Unruhe und Trauer und Sehnen. Und noch ganze zwei Sommer mußte er sich gedulden. Da erst war es vorbei mit den Larven.
Kaum hatte Karr den Holzwärter sagen hören, daß der Wald außer Gefahr sei, als er auf Jagd auf Hilflos ausging. Aber als er in das Dickicht hinein kam, machte er eine schreckliche Entdeckung. Er konnte nicht mehr jagen, er konnte nicht laufen, er konnte seinen Feind nicht aufstöbern, er konnte nicht einmal sehen. In der langen Wartezeit war das Alter über Karr gekommen. Er war alt geworden, ohne es gemerkt zu haben. Er war nicht einmal mehr imstande, eine Natter totzubeißen. Er vermochte seinen Freund Graufell nicht von dem Feind zu befreien.
Die Rache
Eines Nachmittags ließen sich Akka von Kebnekajse und ihre Schar am Ufer eines Waldsees nieder. Sie waren noch auf dem Kolmård, aber sie hatten Ostgotland verlassen und hielten sich nun in der Jönåker Harde in Sörmland auf.
Der Frühling kam spät, wie gewöhnlich in Berggegenden, und der ganze See war, bis auf einen Rand offenen