Und dann mußte sie erzählen. Jeder wünschte zu wissen, wie es gekommen war, daß sie die Pläne der Hornissen in Erfahrung gebracht hatte, wie es ihr gelungen war, dieser schrecklichen Gefangenschaft zu entrinnen, aus der noch keine Biene entkommen war.

Und sie erzählte von Anfang bis zu Ende alles Wichtige und Bedeutsame, was sie erlebt und erfahren hatte. Von Schnuck mit den glitzernden Flügeln, vom Grashüpfer, von der Spinne Thekla, von Puck und von Kurts liebevoller Hilfe. Als sie vom Elfen erzählte und von den Menschen, war es so still im Saal, daß man durch die Wände hören konnte, wie hinten die Trägerinnen im Stock Wachs kneteten.

„Ach nein,“ sagte die Königin, „wer hätte gedacht, wie lieblich die Elfen sind.“

Und sie lächelte vor sich hin, wehmütig und voll Sehnsucht, wie Leute lächeln, die Verlangen nach der Schönheit haben.

Und alle Würdenträger lächelten auf dieselbe Art mit.

„Wie war doch das Lied des Elfen?“ fragte die Königin, „sag es uns noch einmal, man sollte es wirklich behalten.“

Und die kleine Biene sagte noch einmal das Lied der Elfen:

Meine Seele ist der Hauch,
der aus aller Schönheit bricht,
wie aus Gottes Angesicht,
so aus seiner Schöpfung auch.

Es war eine kleine Weile still, nur im Hintergrund tönte ein verhaltenes Schluchzen. Wahrscheinlich dachte dort jemand an einen gefallenen Freund.

Als Maja dann fortfuhr zu berichten und von den Hornissen sprach, wurden alle Augen groß und still und dunkel. Jede versetzte sich in die Lage, in der eine der Ihren sich noch vor ganz kurzer Zeit befunden hatte, und ein leises Zittern und tiefe Atemzüge gingen durch die Reihen.

„Entsetzlich,“ sagte die Königin, „also schrecklich ...“

Die Würdenträger sagten leise etwas Ähnliches.

„Und so bin ich denn endlich wieder angelangt,“ schloß Maja, „und ich bitte vielmals um Verzeihung.“

O, es wird allen verständlich sein, daß niemand der kleinen Maja ihre Flucht aus dem Stock nachtrug. Die Königin legte den Arm um ihren Hals und sagte gütig:

„Du hast deine Heimat und dein Volk nicht vergessen, und im Herzen warst du treu. So wollen auch wir dir Treue halten. Für die Zukunft sollst du an meiner Seite bleiben und mich in der Leitung der Staatsgeschäfte unterstützen, ich glaube, daß deine Erfahrungen und alles, was du gelernt hast, auf diese Art am besten allen zustatten kommen werden und dem Wohl des Staates.“

Diese Bestimmung der Königin wurde von den Anwesenden mit großem Jubel aufgenommen, und es ist dabei geblieben.

So endet die Geschichte von den Abenteuern der kleinen Biene Maja. Man hörte, daß ihre Wirksamkeit der Bienenstadt zum Wohl und Nutzen gereichte, daß sie zu hohem Ansehen kam und von ihrem Volk geliebt wurde. Zuweilen suchte sie an ruhigen Abenden für ein Stündchen der Unterhaltung das stille Kämmerchen auf, in dem immer noch Kassandra lebte, Gnadenhonig aß und alterte. Dort erzählte sie den jungen Bienen, die ihr gerne lauschten, die Geschichten, die wir mit ihr erlebt haben.