Sonnabend, 8.Oktober.

Das Meer ist, wie wir alle wissen, wild und anmaßend, und der Teil von Schweden, der seinen Angriffen ausgesetzt ist, war deshalb schon seit langen Zeiten durch eine lange, breite steinerne Mauer geschützt, die Bohuslän heißt.

Die Mauer ist so breit, daß sie das ganze Land zwischen Dalsland und dem Meer bedeckt, aber sie ist nicht gerade hoch, wie das bei steinernen Deichen und Wellenbrechern der Fall zu sein pflegt. Sie ist aus mächtigen Felsblöcken erbaut, und stellenweise liegen ganze, lange Bergrücken darin. Es würde auch keinen Zweck haben, mit kleinen Steinen bauen zu wollen, wo es sich darum handelt, einen Schutzwall gegen das Meer zu errichten, der vom Iddefjord bis zum Götaelf reichen soll.

Dergleichen große Bauwerke führen wir ja heutzutage nicht mehr aus, und die Mauer ist zweifelsohne sehr alt. Es läßt sich auch nicht leugnen, daß sie von der Zeit tüchtig mitgenommen ist. Die großen Felsblöcke liegen nicht mehr so dicht nebeneinander, wie das wahrscheinlich zu Anfang der Fall gewesen ist. Es haben sich so breite und tiefe Spalten dazwischen gebildet, daß darin Raum für Häuser und Felder ist. Aber die Felsblöcke liegen doch nicht weiter voneinander entfernt, als daß man deutlich sehen kann, sie haben einstmals zu derselben Mauer gehört.

Nach dem Lande zu ist diese große Mauer am besten erhalten. Dort zieht sie sich lange Strecken ganz und ununterbrochen hin. In der Mitte laufen lange, tiefe Risse mit Seen auf dem Grunde hinab, und nach der Küste zu ist sie so verfallen, daß jeder einzelne Steinblock wie ein kleiner Berg für sich daliegt.

Erst wenn man die große Mauer unten von der Küste her sieht, versteht man so recht, daß sie da, wo sie steht, nicht nur zu ihrem Vergnügen steht. Wie stark sie auch von Anfang an gewesen sein mag, an sechs bis sieben Stellen ist das Meer durchgebrochen und hat Fjorde hineingeschnitten, die mehrere Meilen lang sind.

Der äußerste Teil der Mauer steht obendrein unter Wasser, so daß nur der obere Teil der Felsblöcke sichtbar ist. Auf diese Weise sind eine Menge großer und kleiner Inseln entstanden, die Schärengruppen bilden, und diese wehren die ärgsten Angriffe des Sturmes und des Meeres ab.

Nun könnte man vielleicht glauben, daß eine Landschaft, die eigentlich nur aus einer großen steinernen Mauer besteht, ganz unfruchtbar sein muß, so daß kein Mensch dort Lebensunterhalt finden kann. Aber damit ist es nun doch nicht so gar schlimm bestellt, denn wenn auch die Felsen und Hochebenen in Bohuslän nackt und kahl sind, so hat sich doch gute und fruchtbare Erde in allen Spalten angesammelt, und es läßt sich dort vorzüglich Ackerbau betreiben, obgleich die Felder nicht sehr groß sind. Der Winter ist hier an der Küste in der Regel auch nicht so kalt wie im Innern des Landes, und an Stellen, die gegen den Wind geschützt sind, gedeihen gegen Kälte empfindliche Bäume und andere Pflanzen, die sonst kaum so hoch nördlich wie Schonen zu wachsen pflegen.

Man darf auch nicht vergessen, daß Bohuslän an der Grenze des großen Gemeindeangers liegt, der allen Menschen auf der Erde Gemeingut ist. Die Bohusläner können Wege benutzen, die sie weder zu bauen noch instand zu halten brauchen. Sie können Herden einfangen, die sie weder zu bewachen noch zu hüten haben, und ihre Beförderungsmittel werden von Zugtieren gezogen, denen sie weder Futter noch Stallraum zu geben brauchen. Daher sind sie nicht so abhängig von Ackerbau und Viehzucht wie andere. Sie fürchten sich nicht, sich auf sturmumbrausten Schären niederzulegen, wo kein Grashalm wächst, wo kaum Raum für ein Kartoffelfeld ist, denn sie wissen, daß das große, reiche Meer ihnen alles geben kann, was sie nötig haben.

Wohl ist es wahr, daß das Meer reich ist, aber nicht weniger wahr ist es, daß es seine Schwierigkeit hat, sich mit ihm zu befassen. Wer Ertrag aus dem Meer haben will, muß alle seine Fjorde und Buchten, alle seine Untiefen und Strömungen kennen, er muß so ungefähr mit jedem Stein auf dem Grunde des Meeres Bescheid wissen. Er muß sein Boot in Sturm und Nebel führen und seinen Weg in der schwärzesten Nacht finden können. Er muß es verstehen, die Zeichen in der Luft zu deuten, die böses Wetter verkünden, und er muß Kälte und Nässe vertragen können. Er muß wissen, wo die Fische ihren Zug haben, und wo der Hummer kriecht, und er muß schwere Netze bedienen und sein Garn auch bei unruhiger See auswerfen können. Vor allem aber muß er ein mutiges Herz in der Brust haben, so daß er es für nichts achtet, daß er im Kampf gegen das Meer tagaus, tagein sein Leben aufs Spiel setzt.

An dem Morgen, als die Wildgänse über Bohuslän hinabflogen, war es still zwischen den Schären. Sie sahen mehrere kleine Fischerdörfer, aber es war kein Leben in den engen Gassen, niemand ging in den kleinen, zierlich gestrichenen Häusern ein und aus. Die braunen Fischernetze hingen in guter Ruhe auf dem

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