Als die Hasen sich ausgetollt hatten, kam die Reihe aufzutreten an die großen Waldvögel, hunderte von Auerhähnen in glänzend schwarzem Federkleid und mit schimmernd roten Augenbrauen schwangen sich in eine große Eiche hinauf, die mitten auf dem Spielplatz stand. Derjenige, der auf dem obersten Zweige sah, blies die Federn auf, senkte die Flügel und schlug den Schweif auseinander, so daß die weißen Deckfedern sichtbar wurden. Dann streckte er den Hals vor und entsandte ein paar tiefe Halstöne aus seiner schwellenden Kehle. »Tjäk, tjäk, tjäk,« klang es. Mehr konnte er nicht hervorbringen, es gluckste nur ein paarmal tief unten in der Kehle. Dann schloß er die Augen und flüsterte: »Sis, sis, sis. Hört, wie schön es ist! Sis, sis, sis.« Und im selben Augenblick verfiel er in eine solche Verzückung, daß er nicht mehr wußte, was um ihn her vor sich ging.

Während der erste Auerhahn noch »Sis, sis, sis« flüsterte, begannen die drei, die zunächst unter ihm saßen, zu singen, und ehe sie das Lied beendet hatten, begannen die zehn, die unter ihnen saßen, und so weiter von Zweig zu Zweig, bis alle die Hunderte von Auerhähnen sangen und glucksten und zischelten. Sie gerieten alle in dieselbe Verzückung während ihres Gesanges, und gerade dies wirkte auf die andern Tiere wie ein ansteckender Rausch. Noch vor kurzem floß das Blut lustig und leicht, jetzt fing es an, schwer und heiß zu strömen. »Ja, wahrlich ist es Frühling,« dachten die vielen Tiervölker. »Die Kälte des Winters ist entschwunden. Das Feuer des Lenzes brennt über der Erde.«

Als die Birkhähne merkten, daß die Auerhähne einen solchen Erfolg hatten, konnten sie sich nicht langer ruhig verhalten. Da dort kein Baum war, auf den sie sich setzen konnten, sausten sie auf den Spielplatz hinab, wo das Heidekraut so hoch stand, daß man nichts weiter sehen konnte als ihre schönen, wehenden Schwanzfedern und ihre dicken Schnäbel, und dann begannen sie zu singen: »Orr, orr, orr«.

Gerade als die Birkhähne anfingen, um die Wette mit den Auerhähnen zu singen, geschah etwas, was noch nie geschehen war. Während alle Tiere ganz in Anspruch genommen waren von dem Spiel der Auerhähne, schlich sich ein Fuchs ganz leise an die Bergkuppen der wilden Gänse heran. Er ging sehr vorsichtig und kam ein Stück des Hügels hinauf, ehe ihn jemand entdeckte. Plötzlich ward jedoch eine Gans seiner ansichtig, und da sie sich nicht denken konnte, daß sich ein Fuchs in guter Absicht zwischen die Gänse schlich, begann sie zu rufen: »Nehmt euch in acht, ihr wilden Gänse! Nehmt euch in acht!« Der Fuchs schnappte nach ihr, vielleicht hauptsächlich damit sie schweigen solle, aber die wilden Gänse hatten den Ruf bereits vernommen und hoben sich alle in die Luft empor. Und als sie davongeflogen waren, sahen die Tiere Reineke Fuchs auf der Bergkuppe der wilden Gänse stehen, die tote Gans im Rachen.

Aber weil Reineke so den Frieden des Spieltages gebrochen hatte, erhielt er eine so harte Strafe, daß er zeitlebens bereute, seiner Rachgier keinen Zwang angetan zu haben, daß er versucht hatte, doch einmal Akka und ihrer Schar Schaden zuzufügen. Er wurde sofort von einer Schar von Füchsen umringt und nach dem alten Gesetz verurteilt, das also lautet: Wer an dem großen Spieltage den Frieden stört, soll zu Landflüchtigkeit verdammt sein. Auch nicht ein Fuchs wollte das Urteil mildern, denn sie wußten alle, daß sie im selben Augenblick, wo sie das versuchten, vom Spielplatz verjagt werden würden und nie mehr ihren Fuß dorthin setzen durften. Also wurde Landesverweisung über Reineke ausgesprochen, ohne daß jemand Einspruch dagegen erhob. Es wurde ihm verboten, sich in Schonen aufzuhalten. Er wurde von Frau und Sippe verbannt, von Jagdgründen und Wohnung, von den Ruhestätten und Schlupfwinkeln, die bisher die seinen gewesen waren, und mußte sein Glück im fremden Lande suchen. Und auf daß alle Füchse in ganz Schonen wußten, daß Reineke dortzulande friedlos war, biß ihm der älteste der Füchse den rechten Ohrzipfel ab. Sobald das geschehen war, fingen alle die jungen Füchse an, vor Blutdurst zu heulen und stürzten sich über Reineke. Es blieb ihm nichts weiter übrig als zu fliehen, und mit allen den jungen Füchsen auf den Fersen eilte er fort vom Kullaberge.

Dies alles trug sich zu, während die Birkhähne und Auerhähne ihren Sängerkampf abhielten. Aber diese Vögel gehen in dem Maße in ihrem Gesang auf, daß sie weder sehen noch hören. Sie hatten sich auch gar nicht stören lassen.

Kaum war der Wettstreit der Waldvögel beendet, als die Kronhirsche vom Häckeberge vortraten, um ihr Kampfspiel zu zeigen. Es waren mehrere Paar Kronhirsche, die gleichzeitig kämpften. Sie stürzten sich mit großer Kraft aufeinander, schlugen die Geweihe dröhnend gegeneinander, so daß sie sich ineinanderflochten, und suchten sich gegenseitig hintenüber zu zwingen. Sie rissen Heidehügel mit ihren Hufen aus, ihr Atem stand wie eine Rauchwolke um sie, aus ihren Kehlen tönte ein fürchterliches Brüllen, und an ihrem Bug floß Schaum herab.

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