Trotzdem blieben sie stehen und sahen sich um. Ganz draußen, nach Westen zu, bei Björnö und Göcksholmsland gewahrten sie eine weiße Mauer, die quer über den See ging. Erst glaubten sie, es sei ein Schneerand, der an einem Wege entlang laufe, aber sie begriffen bald, daß es Schaum von Wellen war, die gegen das Eis schlugen.

Als sie das sahen, gaben sie sich die Hände und fingen an zu rennen, ohne ein Wort zu sagen. Der See war nach Westen zu offen, und sie glaubten sehen zu können, daß der Schaumrand schnell nach Osten zu vorrückte. Sie wußten nicht, ob das Eis im Begriff war, überall aufzubrechen, oder was geschehen könne. Aber sie fühlten, daß sie nun in Gefahr waren.

Plötzlich schien es ihnen, als höbe sich das Eis gerade an der Stelle, wo sie liefen, als höbe es sich und sinke wieder, als habe jemand von unten dagegen gestoßen. Dann hörten sie einen dumpfen Knall im Eis, und gleich bildeten sich nach allen Seiten Risse darin. Die Kinder konnten sehen, wie sie durch die Eiskruste liefen.

Nun wurde es einen Augenblick still auf dem Eis, dann aber spürten sie wieder dasselbe Heben und Senken. Nun begannen die Risse, sich zu Spalten zu erweitern, durch die man das Wasser hervorquellen sah. Gleich darauf wurden die Spalte zu Rinnen, und die Eiskruste teilte sich in große Schollen.

»Aase,« sagte der kleine Mads. »Ich glaube, dies ist Eisbruch!«

»Ja, das ist es, kleiner Mads,« sagte Aase. »Aber wir können das Ufer noch erreichen. Laufe, so schnell du kannst.«

In der Tat hatten der Wind und die Wellen noch genug damit zu tun, das Eis von dem See zu entfernen. Die schwerste Arbeit war freilich getan, wenn erst die Eiskruste zerbrochen war, aber alle die Stücke sollten wieder geteilt und gegeneinander geworfen und zertrümmert und zerrieben und aufgelöst werden. Es war noch eine Menge hartes, festes Eis vorhanden, das große, ganze Schollen bildete.

Die größte Gefahr für die Kinder aber war, daß sie keinen Überblick über das Eis hatten. Sie vermochten nicht zu sehen, wo die Spalte so breit waren, daß sie nicht darüber hingelangen konnten. Sie wußten nicht, wo sie die großer Eisschollen finden sollten, die sie tragen konnten. Daher wankten sie aufs Geratewohl hin und her. Sie kamen weiter auf den See hinaus, statt sich dem Ufer zu nähern. Sie wußten nicht aus noch ein da draußen auf dem berstenden Eis, und sie waren so bange, daß sie schließlich stehen blieben und weinten.

Da kam eine Schar wilder Gänse in gestrecktem Flug über ihren Köpfen daher. Sie schrien laut und stark, und das Sonderbare war, daß die Kinder deutlich die Worte hörten: »Ihr müßt nach rechts gehen, nach rechts, nach rechts!«

Sie setzten sofort ihre Wanderung fort, den Rat befolgend. Aber es währte nicht lange, da standen sie wieder zögernd vor einem breiten Spalt.

Wieder hörten sie die Gänse über ihren Köpfen schreien, und aus ihrem Gegacker konnten sie einige Worte unterscheiden: »Bleibt, wo ihr seid! Bleibt, wo ihr seid! Bleibt, wo ihr seid!«

Die Kinder sprachen kein Wort miteinander über das, was sie hörten, aber sie gehorchten und standen still. Nach einer Weile glitten die Eisschollen zusammen, und sie konnten über den Spalt gelangen. Dann gaben sie sich wieder die Hände und liefen weiter.

Sie ängstigten sich nicht nur vor der Gefahr, sondern auch vor der Hilfe, die ihnen zuteil wurde.

Bald standen sie wieder still und besannen sich, aber sofort hörten sie eine Stimme von oben aus der Luft: »Geradeaus! Geradeaus! Geradeaus!« sagte die Stimme.

So ging es ungefähr eine halbe Stunde weiter, da aber hatten sie die lange Lungarsodde erreicht und konnten das Eis verlassen und an Land waten. Es war deutlich zu sehen, wie bange sie gewesen waren, denn als sie an Land gekommen waren, blieben sie nicht einmal stehen, um sich den See anzusehen, auf dem die Wellen jetzt immer gewaltsamer mit den Eisblöcken herumtummelten, sondern sie eilten nur weiter. Aber als sie eine Strecke auf die Landzunge hinaufgekommen waren, stand Aase plötzlich still. »Warte mal, kleiner Mads,« sagte sie, »ich habe etwas vergessen.

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