antwortete Graufell. »Dies Insektenvolk ist das schwächste im ganzen Walde gewesen und hat bisher niemals Schaden angerichtet, aber in den letzten Jahren hat es plötzlich an Zahl zugenommen, und nun siehst du, daß es den ganzen Wald zerstören wird.« – »Ja, es sieht schlimm aus,« sagte Karr, »aber ich sehe, daß die Klügsten im Walde sich versammelt haben, um zu beraten, und sie haben vielleicht schon eine Abhilfe gefunden?«

Als der Hund so sprach, erhob Krummrück sehr feierlich den schweren Kopf, schlug mit den langen Ohren um sich und sagte: »Wir haben dich hierher bestellt, Karr, um zu erfahren, ob die Menschen von dieser Zerstörung wissen.« – »Nein,« sagte Karr, »so tief in das Dickicht hinein kommt ja niemals ein Mensch außer in der Jagdzeit. Sie wissen nichts von dem Unglück.« – »Wir, die wir alt im Walde geworden sind,« sagte alsdann Hornkrone, »glauben nicht, daß wir Tiere allein mit dem Insektenvolk fertig werden können.« – »Wir finden, das eine ist fast ein ebenso großes Unglück wie das andere,« sagte Struwwelmähne. »Nun hat es wohl ein Ende mit dem Frieden im Walde.« – »Aber wir können doch nicht den ganzen Wald zerstören lassen,« sagte Großkraft. »Uns bleibt keine Wahl.«

Karr begriff, daß es den Elchen schwer wurde, zu sagen, was sie wollten, und er suchte ihnen zu Hilfe zu kommen. »Ihr wollt vielleicht, daß ich die Menschen wissen lasse, wie es hier steht?« Da nickten alle die Alten mehrere Male. »Es ist hart für uns, daß wir gezwungen sind, die Menschen um Hilfe zu bitten, aber wir wissen uns nicht anders zu helfen.«

Bald darauf war Karr auf dem Heimwege. Als er in der größten Sorge über das, was er gehört hatte, dahin eilte, begegnete er einer großen, schwarzen Natter. »Willkommen im Walde!« zischte die Schlange. »Gleichfalls willkommen!« bellte Karr und wollte weitereilen, ohne sich aufzuhalten. Aber die Natter kehrte um und suchte, ihn einzuholen. »Vielleicht ist sie auch betrübt über den Wald,« dachte Karr und blieb stehen. Die Natter begann sofort, von der großen Zerstörung zu reden. »Nun hat es wohl ein Ende mit dem Frieden und der Ruhe hier im Walde, wenn erst nach den Menschen geschickt wird,« sagte sie. – »Das fürchte ich auch,« entgegnete Karr, »aber die Alten im Walde wissen wohl, was sie tun.« – »Ich glaube, ich könnte einen besseren Ausweg finden,« sagte die Natter, »wenn ich nur den Lohn erhielte, den ich haben will.« – »Bist du nicht der, den sie Hilflos nennen?« sagte der Hund höhnisch. – »Ich bin alt im Walde geworden,« sagte die Natter. »Ich weiß wohl, wie man dergleichen Ungeziefer los wird.« – »Kannst du es uns nur wegschaffen,« sagte Karr, »so wird dir gewiß niemand verweigern, was du verlangst.«

Als Karr dies sagte, schlüpfte die Natter unter eine Baumwurzel und setzte die Unterhaltung nicht fort, ehe sie wohlgeborgen in einem engen Loch lag. »Dann kannst du Graufell grüßen und sagen,« fauchte sie, »wenn er aus dem Hegewald fortziehen und sich nicht niederlassen will, ehe er so weit gen Norden gekommen ist, wo keine Eiche mehr im Walde wächst, und nicht hierher zurückkehren will, solange die Natter Hilflos lebt, so will ich Krankheit und Tod über alle die senden, die auf den Tannen kriechen und an ihnen nagen!« – »Was sagst du da?« fragte Karr und seine Haare sträubten sich zu Borsten. »Was hat dir Graufell zuleide getan?« – »Er hat die getötet, die ich am innigsten auf der Welt geliebt habe,« sagte die Natter, »und ich will Rache an ihm nehmen.« Ehe die Natter noch ausgeredet hatte, fuhr Karr auf sie ein, sie aber lag wohlgeborgen unter der Baumwurzel. »Lieg' du da, solange du Lust hast!« sagte Karr. »Wir wollen schon ohne deine Hilfe mit den Tannenlarven fertig werden.«

Am nächsten Tage gingen der Gutsbesitzer und der Holzwärter einen Waldweg entlang. Anfänglich lief Karr neben ihren, bald aber war er fort, und kurz darauf vernahm man ein lautes Bellen aus dem Walde heraus. »Das ist Karr, der jagt,« sagte der Gutsbesitzer. Der Holzwärter wollte das nicht glauben. »Karr hat seit vielen Jahren keine unerlaubte Jagd getrieben,« sagte er. Er lief in den Wald hinein, um zu sehen, was für ein Hund das sei, und der Gutsbesitzer folgte ihm.

Sie gingen dem Hundegebell nach, bis in den tiefsten Teil des Waldes hinein, aber es verstummte. Sie standen still, um zu lauschen, und da, in der Stille, hörten sie die Kiefern der Larven arbeiten, sahen, wie die Nadeln herabregneten und spürten den starken Duft. Und da entdeckten sie auch, daß alle Bäume mit Larven von Nonnenfaltern bedeckt waren, mit diesen kleinen Baumschädlingen, die Wälder meilenweise zerstören können.

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