Als Karr nach Hause ging, gab ihm Graufell das Geleite. Da hörte Karr, daß eine Drossel, die in dem Wipfel einer Tanne saß, zu rufen begann: »Da geht Graufell, der den Wald zerstört hat! Da geht Graufell, der den Wald zerstört hat!«

Karr glaubte, er müsse sich verhört haben, aber einen Augenblick später kam ein Hase über den Weg gelaufen. Als der Hase sie erblickte, stand er still, wedelte mit den Ohren und rief: »Da kommt Graufell, der den Wald zerstört hat!« Und dann nahm er die Beine auf den Nacken und jagte davon.

»Was meinen sie nur damit?« fragte Karr. – »Ich weiß es nicht recht,« antwortete Graufell »Ich glaube, die kleinen Leute hier im Walde sind böse auf mich, weil ich den Rat erteilte, die Hilfe der Menschen zu suchen. Als das Unterholz gefällt wurde, sind alle ihre Nester und Schlupfwinkel vernichtet.«

Sie gingen noch eine Strecke zusammen, und Karr hörte, wie von allen Seiten gerufen wurde: »Da geht Graufell, der den Wald zerstört hat!« Graufell tat, als höre er es nicht, Karr aber verstand jetzt, warum er so niedergeschlagen war.

»Sage mir doch, Graufell,« sagte Karr plötzlich, »was meinte die Natter damit, daß du diejenige getötet hast, die sie am innigsten auf der ganzen Welt geliebt hat?« – »Wie kann ich das wissen,« entgegnete Graufell. »Du weißt doch selbst, daß es nicht meine Art ist, jemand zu töten.«

Bald darauf begegneten sie den vier alten Elchen: Krummrück, Hornkrone, Struwwelmähne und Großkraft. Sie kamen langsam und sinnend, einer nach dem anderen dahergegangen. »Willkommen im Walde!« rief Graufell ihnen entgegen. – »Danke, gleichfalls!« antworteten die Elche. »Wir waren gerade auf dem Wege zu dir, Graufell, um mit dir über den Wald zu ratschlagen.«

»Die Sache ist die,« nahm Krummrück das Wort, »daß uns zu Ohren gekommen ist, es sei eine Untat hier im Walde verübt, und weil sie nicht bestraft wurde, fällt der ganze Wald der Vernichtung anheim.« – »Was für eine Untat ist denn das?« – »Jemand hat ein unschädliches Tier getötet, das er nicht essen konnte. So etwas gilt hier im Hegewald als Untat,« – »Wer hat einen solchen Bubenstreich verübt?« fragte Graufell.– »Es soll ein Elch sein, und wollten wir dich fragen, ob du weißt, wer das sein kann.« – »Nein,« sagte Graufell, »ich habe nie von einem Elch gehört, der ein unschädliches Tier getötet hat.«

Graufell verließ die Alten und ging weiter mit Karr. Er war noch schweigsamer als bisher und ließ den Kopf tief hangen. Dann kamen sie an der Kreuzotter Kryle vorüber, die auf ihrem Stein lag. »Da geht Graufell, der den Wald vernichtet hat!« fauchte Kryle so wie alle anderen. Jetzt war es vorbei mit Graufells Geduld. Er ging auf die Otter zu und erhob das eine Bein. »Hast du vielleicht die Absicht, mich totzuschlagen, wie du ein armes Natternweibchen getötet hast?« fragte Kryle. – »Hab' ich ein Natternweibchen getötet?« fragte Graufell. – »Am ersten Tage, als du hier in den Wald hinauskamst, hast du das Weibchen der Natter Hilflos totgeschlagen!«

Graufell entfernte sich schnell von Kryle und schritt an Karrs Seite weiter dahin. Plötzlich stand er still. »Karr, ich habe die Untat verübt. Ich habe ein unschädliches Tier getötet. Es ist meine Schuld, daß der Wald vernichtet wird.« – »Was sagst du da?« unterbrach ihn Karr. – »Sage der Natter Hilflos, daß Graufell noch diese Nacht in die Verbannung geht!« – »Nie werde ich so etwas sagen,« entgegnete Karr. »Es ist eine gefährliche Gegend für Elche da oben im Norden.« – »Meinst du, daß ich hier bleiben will, wenn ich so etwas verübt habe?« sagte Graufell. – »Übereile dich nun nicht! Warte mit deinem Vorhaben bis morgen!« – »Du selber hast mich gelehrt, daß die Elche Eins sind mit dem Walde,« erwiderte Graufell, und mit diesen Worten trennte er sich von Karr.

Karr ging nach Hause, aber diese Unterhaltung hatte ihn unruhig gemacht, und schon am nächsten Tage ging er wieder in den Wald hinaus, um den Elch zu treffen. Aber Graufell war nirgends zu finden, und der Hund suchte auch nicht lange nach ihm. Er begriff, daß Graufell die Natter beim Wort genommen hatte und in die Verbannung gegangen war.

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