Das war der schlimmste Tag, den Reineke Fuchs jemals erlebt hatte. Die wilden Gänse flogen unaufhörlich über seinem Kopf, kamen und verschwanden. Große, schöne Gänse, die sich auf den deutschen Feldern und Heiden dick gefressen hatten, flogen den ganzen Tag im Walde herum, so in seiner Nähe, daß er sie viele Male berührte, und es gelang ihm nicht, seinen Hunger an einer einzigen von ihnen zu stillen.

Der Winter war kaum vorüber, und Reineke entsann sich langer Tage und Nächte, wo er sich müßig herumgetrieben hatte, ohne daß ihm ein Stück Wild in den Wurf gekommen wäre, denn die Zugvögel waren fort, die Mäuse versteckten sich unter der gefrorenen Erdrinde und die Hühner waren eingeschlossen. Aber all der Hunger des ganzen Winters war nicht so hart gewesen wie die Enttäuschung dieses Tages.

Reineke war kein junger Fuchs mehr. Er hatte gar manches Mal die Hunde hinter sich drein gehabt und die Kugeln um seine Ohren pfeifen hören. Er hatte tief in seinem Bau verborgen gelegen, während die Dachshunde in den Gängen herumkrochen und kurz davor waren, ihn zu finden. Aber all die Angst, die Reineke bei der heißesten Jagd ausgestanden hatte, war nichts im Vergleich zu der, die er jedesmal empfand, wenn es ihm nicht gelang, eine der wilden Gänse zu erwischen.

Am Morgen, als das Spiel begann, war Reineke so fein gewesen, daß die Gänse staunten, als sie ihn sahen. Reineke liebte die Pracht, und sein Pelz war leuchtend rot, die Brust weiß, die Schnauze schwarz und der Schwanz wallend wie ein Federbusch. Aber als es an diesem Tage Abend wurde, hing Reinekes Pelz in Zotteln herunter, er war in Schweiß gebadet, seine Augen waren glanzlos, die Zunge hing ihm lang aus dem keuchenden Rachen, und aus dem Munde floß Schaum.

Am Nachmittag war Reineke so müde, daß er ganz von Sinn und Verstand war. Er sah nichts weiter vor seinen Augen als fliegende Gänse. Er sprang nach Sonnenflecken, die er am Erdboden sah, und nach einem armseligen Schmetterling, der zu früh aus der Puppe gekrochen war.

Die wilden Gänse flogen und flogen unermüdlich. Sie peinigten Reineke den ganzen Tag. Es bewegte sie nicht zu Mitleid, daß er vernichtet, erregt, wahnsinnig war. Sie fuhren unerbittlich fort, obwohl sie recht gut verstanden, daß er sie kaum sah, daß er nach ihren Schatten sprang.

Erst als Reineke Fuchs ganz kraftlos und matt auf einem Haufen welker Blätter umsank, kurz davor, den Atem aufzugeben, hielten sie inne, ihr Spiel mit ihm zu treiben.

»Jetzt weißt du, Fuchs, wie es dem geht, der es wagt, sich mit Akka von Kebnekajse einzulassen,« riefen sie ihm dann ins Ohr, und damit ließen sie ihn in Ruhe.

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